Ausstellung

Fieldwork/Homework

Marlies Poeschl

Teil 1

26. 11. - 19. 12. 2015

In der Nähe von Shanghai liegt „National Culture Village“ – Form gewordener Traum des chinesischen Nationalstaats, Symbol der Harmonie zwischen den ethnischen Gruppen. Heute ist dieses Dorf verlassen und wirkt wie eine Bühne ohne DarstellerInnen. Ein scheinbar utopischer Ort, an den sich Marlies Poeschl im ersten Teil der Ausstellung annähert.

Sie thematisiert, wie identitätsstiftende Codes oder kulturelle Techniken von anderen sozialen Gruppen aufgegriffen, weitergegeben, vereinnahmt oder neu interpretiert werden. Ausgangspunkt ihres Films Ohne Titel ist das Freilichtmuseum „National Culture Village“ und die damit verbundene Musealisierung der Kultur ethnischer Minderheiten durch das offizielle Kultursystem Chinas.

Die Videoinstallation Practice 1, 2, 3, zu sehen im zweiten Teil der Ausstellung, beschäftigt sich mit eben jenen DarstellerInnen, die in Ohne Titel nur imaginiert werden. Eine Gruppe von Shanghaier Tanzstudentinnen erlernt den „wéi wú ěr zú“, den Tanz der Uyghuren, einer muslimischen Minderheit aus der autonomen Region Xinjiang.

Um die Rolle der „Anderen“ zu verkörpern braucht es Übung, doch gerade 
in der Wiederholung liegt Raum für Abweichung und Individuation, denn keine Bewegung gleicht je ganz der vorigen. Das Erlernen der Tanzschritte ist auch ein stetiges Sich-Erinnern und wird so zu einer Reflektion über das Verhältnis zwischen kollektivem und individuellem Gedächtnis.