In den 90er Jahren wurde das Internet innerhalb sozialer Bewegungen oft als eine Art „Parallelraum“ gesehen, der in manchen Diskussionen geradezu als Konkurrenz zum Straßenprotest diskutiert wurde. Stattdessen wurde spätestens 1999 mit den global synchronisierten Protesten gegen die Welthandelsorganisation in Seattle deutlich, dass das Internet und seine vielfältigen Applikationen mit bekannten politischen Aktionsräumen verbunden werden. Verknüpfungen zwischen der Aneignung öffentlicher Räume auf der Straße und der Aneignung von Kommunikationsräumen im Netz finden gerade auch in lokalen Zusammenhängen statt.
Im alltäglichen Umgang mit digitalen Medien verbinden sich diese mit traditionellen Medien ebenso wie mit bewegungsspezifischen Praktiken wie etwa dem Ansatz der DIY Kultur. Das Dickicht der Kommunikationskanäle durchdringt den „Webspace“ ebenso wie den „Meatspace“. Es entsteht eine lokal gegründete, global vernetzte „Geographie des Protests“, ein Kommunikationsraum, der wie jeder Raum permanent sozial re-konstruiert und umorganisiert wird, sich ausdehnt (etwa anlässlich großer Mobilisierungen wie der G8-Proteste) und wieder zusammenzieht. Dadurch kann sich die Wahrnehmung von räumlichen und sozialen Abständen verschieben. Es ergeben sich neue geographische, affektive und politische Handlungsspielräume für den Protest sozialer Bewegungen.
Marion Hamm
basics:lecture_series
es ist eben nicht egal…
PROTEST | GEGENÖFFENTLICHKEIT | SABOTAGE | PIRATERIE | STÖRUNG
Das Festival „basics. Medien | Kunst | Gesellschaft“ wird unter dem politisch bedeutungsschweren Begriff Guerilla widerständige und subversive Praktiken aus ihrer historischen Perspektive heraus mit dem Ziel einer Aktualisierung neu zur Disposition stellen: Ist aber durch die populäre Wendung hin zu einer Spaßguerilla es überhaupt noch sinnvoll „Guerilla“ zu sein? Wie eine widerständige Praxis im politischen Sinn erweitern? Wie in einer neoliberal organisierten Umgebung mitsamt ihren Sicherheitsbedürfnissen produktiv störend und verändernd tätig werden? Welche Rolle spielen die neuesten Medientechnologien in den Protestbewegungen und wo werden diese selbst zum Objekt?
Hildegard Fraueneder