Ausstellung

talk talk

Das Interview als künstlerische Praxis

14. 01. - 06. 02. 2010

Eröffnung: Mittwoch, 13.01.2010, 19 Uhr

Roozbeh Asmani, Ursula Biemann, Sabine Bitter / Helmut Weber, Jörg Burger, Yvon Chabrowski, Dellbrügge & de Moll, Jeanne Faust, Andrea Fraser, Till Gathmann, Ronald Gerber, Jochen Gerz, Klub Zwei, Kathi Lackner, Katarina Matiasek, Alex McQuilkin, Bjørn Melhus, Antoni Muntadas, Daniel Pflumm, Mark Raidpere, Oliver Ressler & Dario Azzellini, Julika Rudelius, Axel Stockburger, Kerry Tribe, Ingrid Wildi, Manuela Zechner

Wir leben in einer Kultur des permanenten Geredes, der allgegenwärtigen Enthüllung und Kontrolle, des öffentlichen Geständnisses, der Verheimlichung von Aussagen und der Selbstinszenierung. Im Zentrum dieses Spektakels der systematischen Befragung und Mitteilung steckt letzten Endes eine der ältesten Kulturtechniken: das Interview. Dieses wiederum zeigt, dass Sprache, Rede, Gerede, Befragen, Bezeugen, Gestehen und Berichten in vielfältiger Weise mit visuellen Praktiken verschränkt sind. Es ist also nahe liegend, der Anwendung des Interviews innerhalb der zeitgenössischen Kunst nachzuspüren, um die gesellschaftlichen Grenzen zwischen Selbstentdeckung, Verhör, Zeugenschaft, Geständnis, Outing, Dialog und Verstehen auszuloten.

Welche Rolle spielt in der Gegenwart das Interview als Kulturtechnik, als eine besondere Form und Methode des Erkenntnis- und Wissensgewinns? Welche Aufgabe kommt der Sprache, der Stimme im Rahmen eines überhandnehmenden, medial verstärkten und permanenten „Geredes“ zu, das ein zur unbeschränkten Zirkulation freigegebenes Wissen produziert? Haben damit „alle“ die Möglichkeit zu sprechen, eine Stimme zu bekommen, und auch gehört zu werden? Wird in Interviews ein Wissen produziert und in Umlauf gebracht, das sich den hegemonialen Diskursen widersetzen kann und dadurch eine nicht-zentralisierte politische Produktion ermöglicht, die auch Wirksamkeit entfalten kann?

Das Ausstellungsprojekt zeigt eine Reihe von Videoarbeiten, die alle in unterschiedlicher Weise in die oft als selbstverständlich hingenommene Konstellation von Frage und Antwort, Aktion und Reaktion, Investigation und Verteidigung intervenieren, sie überhöhen oder paraphrasieren, sie kritisch wenden oder als Produktion einer „Gegenöffentlichkeit“ umdefinieren.

Das Ausstellungsdisplay für insgesamt 26 Arbeiten versucht zum einen die visuellen, akustischen und textuellen Interventionen der einzelnen künstlerischen Arbeiten und deren strukturellen Eigenheiten erfahrbar zu machen, zum anderen aber auch den gemeinsamen Bildraum des Sprechens, des Gehört-Werdens und des Antwortens zu betonen – mithin einen Raum zu schaffen, in dem sich nicht alles angleicht, aber alles aufeinander verweisen kann, und der Einblicke gewährt, die für die aktuell geführten Debatten eines krisenhaften Systems wichtiger denn je erscheinen.

Reinhard Braun, Hildegard Fraueneder, Marc Ries

Eine Kooperation der Galerie 5020 mit der HGB Leipzig und dem Kunstverein Medienturm in Koproduktion mit steirischer herbst Graz
Kurator_innen: Reinhard Braun, Hildegard Fraueneder, Marc Ries