Ausstellung

Vorbild Ameise

Klaus Bock, Doris Bujatti, Christoph Kilian, Jan Leitner, Magdalena Stückler, Zimoun

17. 02. - 14. 04. 2023

Deutungsstarke Texte verhalten sich gegenüber der Faktizität der Ameise häufig pfadabhängig, ihre Gebilde und Haufen werden als politische Zusammenkünfte interpretiert und emsig vor den eigenen ideologischen Karren gespannt. Die Spanne vorgestellter Organisationsformen des Schwarms reicht dabei von einer gesichtslosen Arbeiterinnenarmee, ohne subjekthafte Züge und antiliberal, bis hin zu anarchischen Pamphleten über das freiheitliche Versprechen steuerungsloser Aktivität. Bereits utopische Staatsentwürfe der griechischen Antike bedienen sich der Ameise und ihren schwärmenden Eigenheiten als Kontrastmittel, um die Einrichtung einer selbstentworfenen Verfassung gegen das Gewimmel des Ameisenhügels abgleichen zu können, wie die Menschen werden die Ameisen dabei zu den zōa politika (sozialen Lebewesen) gezählt. Als staatenbildendes Insekt klassifiziert, illustriert das Ameisenvolk eine eventuell auch für die humane Polis gute Form der Regierung und fungiert als Vergleichsorganismus in den Herstellungsverfahren politischer (Un-)Ordnungen.

Welche Rollen und Machtapparate diesen Insekten und ihren Sozialstrukturen dabei zum Wohle des Argumentes angedichtet werden, entscheidet immer wieder der subjektive Blick auf ihre Angelegenheiten. Sich die Blattlaus als Kuh haltende und sozialparasitäre Völker etablieren kulturgeschichtlich wesentlich andere Resonanzeffekte als fahrende Pioniere oder nomadische Arten welche ihre Territorien häufig wechseln. Der herabsetzende Blick auf die identitätslose Ameisenkolonie und die Massenmenschen entwickelt gegenüber der Wahrnehmung einer Multitude (Negri/Hardt) andere Bedeutungen und ein dazu konträres Orientierungswissen. Die Ameise dient lange schon als deutungsoffener Organismus politischer Strömungen.

Eröffnung: Freitag, 17.02.2023, 17-22h